Der Große Hirschgraben
Der Große Hirschgraben blickt auf eine lange Geschichte zurück. Zahlreiche Persönlichkeiten, deren Namen in der Literatur- und Kulturgeschichte klangvoll sind, haben in dieser Straße gelebt.
Im Jahre 1400 hatte der Jude Gottschalk von Kreuznach dem Rat der Stadt eine Hirschkuh geschenkt. Diese Kuh wurde mit anderen Hirschen in einem Graben gehalten, der, ein Rest der staufischen Befestigungsanlagen, zwischen Katharinenkloster und Karmeliterkloster verlief.
Die Haltung der Hirsche diente dem jährlichen Hirschessen der Ratsherren, das immer prunkvoller gefeiert und schließlich 1580 abgeschafft wurde. Der Graben wurde aufgeschüttet und in Bauland umgewandelt. Im Merianplan der Stadt Frankfurt von 1628 zeigt sich der Große Hirschgraben bereits eng bebaut.
Friedrich Hölderlin im Weißen Hirsch
Der Weiße Hirsch, 1592 als Gasthaus erstmals dokumentiert, wurde von Jakob Friedrich Gontard um 1786 bezogen. Als Privathaus der Gontards wurde es zum prachtvollsten Anwesen im Großen Hirschgraben umgebaut. Der Hausherr berief als Lehrer seiner Kinder den nachmals berühmten Friedrich Hölderlin (1770-1843).
Das Goethehaus
1733 hatte die Großmutter Goethes, Witwe des Schneiders Friedrich Georg Goethe, das Haus Nr. 23 erworben. Ihr Sohn, der Jurist Johann Kaspar Goethe, wurde Kaiserlicher Rat und Geschäftsträger von Reichsständen in der Reichsstadt.
Aus der Ehe Johann Kaspars mit Katharina Elisabeth Textor gingen bekanntlich zwei Kinder hervor, der Dichter Johann Wolfgang (1749-1832), der im Elternhaus u.a. sein Erstlingswerk, den "Götz von Berlichingen" schrieb und mit "Werthers Leiden" 1774 schlagartig berühmt wurde; und Cornelia (1750-1777), die spätere Frau des Gelehrten Johann Schlosser.
Zu den Besuchern des Hauses gehörten die Dichter Lenz und Wieland und zahlreiche andere Große der Geschichte.
Die WEIMARER SCHILLER-PRESSE neben dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels
1787 fielen die Häuser Nr. 13/15 im Großen Hirschgraben durch Schenkung der Niederländischen Gemeinde Augsburger Konfession zu, die bestimmungsgemäß ein Waisenhaus einrichtete. Zu Lebzeiten Goethes gehörten die uniformierten Waisenkinder, die ihren Schulweg machten, zum Straßenbild. Um 1865 wurden die baufälligen Häuser durch einen stattlichen Neubau ersetzt, der 1919 von Hans Jenisch erworben, im Zweiten Weltkrieg zerstört und wieder aufgebaut wurde.
Die Besucher der WEIMARER SCHILLER-PRESSE, die ansässig ist im Haus Nr. 15, blicken heute aus den Fenstern auf den Börsenverein, das Frankfurter Volkstheater der legendären Volksschauspielerin Liesel Christ, das Haus der Familie Goethe und auf eine Straße, die – wie kaum eine andere – bedeutende Persönlichkeiten hat vorübergehen sehen: Bettina von Arnim, Louise von Rothschild, Reichskanzler Moritz August von Bethmann-Hollweg, Felix Mendelssohn- Bartholdy, Clara Schumann, Elise von Hohenhausen, Heinrich Heine, später dann Marc Chagall, André Gide, Thomas Mann, Hermann Hesse, Albert Schweitzer und viele andere.